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Viele Jahre lang gehörten die tiefen Laute seiner kräftigen und voluminösen Stimme zum Klangbild unserer Vereinsabende, sein Hochdeutsch wurde dabei immer wieder mit ostpreußischen Worten und norddeutschem Platt angereichert. Hinter dem brummenden, grummelnden, gelegentlich auch einmal barsch klingenden Baß von Harald verbarg sich ein im Grunde sanftmütiges Wesen mit eher empfindsamen Gemüt und einem nicht gerade einfachen Lebensweg. 1943 in Ostpreußen geboren, war seine Familie mit ihm von 1945 bis '47 auf der Flucht vor den heranrückenden Ostmächten. Viel Raum also für prägende frühkindliche Erlebnisse von nicht immer Grundvertrauen schaffender Art. Endlich im Westen - in Niedersachsen - angelangt, strebte Harald nach Schule und Studium den Lehrerberuf an, später wandte er sich einer Tätigkeit als Bürokaufmann zu. Ihm, dem man von berufener Seite hohe Intelligenz attestiert hatte, war im zwischenmenschlichen Umgang die so hilfreiche Leichtigkeit im kommunikativen Hin und Her nur bedingt gegeben. Von seinem privaten Leben gab der Klavierspieler und Liebhaber klassischer Musik wenig preis. Kaum jemand dürfte auch von seiner Vorliebe für das Skatspiel und das Singen im Chor wissen. An den Spielabenden immerhin hörte so mancher Gegner ihn am Brett leise summen.

Vor etwa zwei Jahren erhielt Harald die Diagnose Schilddrüsenkrebs. Die bald auftretenden Metastasen machten ihm zu schaffen und behinderten ihn beim Gehen, doch gelang es ihm lange noch, per Fahrrad zu den Vereinsabenden zu kommen. Bekannt war in dieser Zeit sein Gehstock, den er am Rad befestigte, sich mit ihm die Treppen hochhangelte und den er bei seinen Partien – „eingreifbereit“ anmutend – neben sein Brett legte – aber natürlich ohne diesbezügliche Hintergedanken. Ein Sturz mit dem Rad im November vergangenen Jahres auf seine linke Hüfte schränkte seine Beweglichkeit weiter ein. Seine erkrankungsbedingten Schmerzen zwangen ihn schließlich am zweiten Weihnachtstag letzten Jahres ins Krankenhaus, bald darauf fand er – wegen fehlender Heilungschancen für Tumor und Metastasen – Aufnahme in einem Dortmunder Hospiz. Bis zur vorigen Woche konnte und durfte ich dort mit ihm etliche Schachnachmittage verbringen. Zwingend notwendig hochdosierte Schmerzmedikamente ließen ihn während des Spiels immer wieder wegdämmern, oft aber zauberte er noch erstaunlich gute Antwort-Züge auf das Brett. Vielleicht auch ein wenig unter dem Einfluß der lindernden Morphine experimentierte Harald – ganz entgegen seiner früheren vorsichtigen Spielweise – mit verwegenen Gambit-Eröffnungen im Hasardeur-Stil und begann auch wieder zu rauchen. Friedlich saß er dann oft da, am Brett bei besserer Stellung versonnen vor sich hinsummend oder mit einer Zigarette in der Hand auf dem Balkon die Februarsonne genießend – kleine Zeitinseln der Zufriedenheit inmitten eines unaufhaltsamen Krankeitsverlaufs. Am Donnerstag, den 21.02., verabredeten wir uns noch für den folgenden Dienstag zu neuen Schachpartien - doch dazu kam es nicht mehr. Harald verstarb in der Nacht zu Montag, den 25.02.2019. Ein Urnenbegräbnis mit Trauerzeremonie wird im engeren Familienkreis - mit Schwester, Schwager und Neffen - in Berlin stattfinden.

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