Geschrieben von: Michael Schulz-Runge

Wie der Deutsche Schachbund stolz auf seiner Internetseite vermeldet, war die erste virtuelle Vereinskonferenz am 28. März erfolgreich durchgeführt worden. Thematisch war ein weiter Bogen gespannt worden, der von professionellen Tipps zur besseren Außendarstellung von Schachvereinen bis zu Praxisberichten aus der Vereinsjugendarbeit reichte.
Doch die sensationelle Neuerung, die der Schachbund für den Start der neuen Saison im September vorbereitet, blieb weitgehend unbeachtet. Ob es an der relativ späten Verkündung - gegen Ende der rund sechsstündigen Veranstaltung - oder an der immer noch unbesetzten Stelle des Referenten für Öffentlichkeitsarbeit lag, ist im Nachhinein nur spekulativ zu beantworten.
In der Sache jedenfalls plant der Deutsche Schachbund nichts Geringeres als die größte Revolution im deutschen Schach seit der Veröffentlichung des "Schach- und Königspiel" von Herzog August zu Braunschweig-Lüneburg im Jahre 1616. Nach dem Willen der Funktionäre sollen die Bezeichnungen der Schachfiguren im Deutschen geändert werden. So soll aus dem Läufer die "Bischöfin" werden, während der Bauer in Zukunft "Frettchen" genannt werden soll. "Mit der Umbenennung trägt der Deutsche Schachbund der geänderten Lebenswirklichkeit und dem gestiegenen Einfluss von Frauen auch in der klerikalen Welt Rechnung", so die offizielle Begründung. Mit dem Wegfall des männlichen Bauern ändert sich gleichzeitig das Geschlechterverhältnis im Figurensatz zugunsten des Frauenanteils. Das Frettchen wiederum verweise in seiner Symbolik auf die Verwobenheit der tierischen mit der menschlichen Welt. Präsident Ullrich Krause verteidigt die Neuerung gegen aufflammende Kritik: "Wir haben zusammen mit den Vertretern der Landesverbände, des Blindenschachbundes und der Problemschachvereinigung im Vorfeld der virtuellen Vereinskonferenz per Videoschalte bis spät in die Nacht getagt und gemeinsam diesen Beschluss gefasst!"
Doch der Deutsche Fernschachbund meldet bereits Redebedarf an, da die Frage einer Übergangsregel für laufende Fernschachturniere völlig ungeklärt sei. Nach dem Willen des DSB sollen dennoch ab dem 01.09.2021 die neuen Bezeichnungen in den Broschüren und Handreichungen des Schachbundes Verwendung finden. "Wir ziehen das jetzt durch!", äußert sich Krause entschlossen.